Presseerklärung WikiReal: Stuttgart 21 – Von Anfang an als Rückbau geplant!
Neue Analyse der Leistungsfähigkeitsgutachten für Planfeststellung und VGH
Die früheren Leistungsfähigkeitsaussagen zu Stuttgart 21 wurden neu überprüft. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Bahnhofsneubau war von Anfang an auf lediglich 32 Züge pro Stunde ausgelegt worden. Demgegenüber fahren heute im Kopfbahnhof 38 Züge pro Stunde, vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg etwa waren jedoch 51 Züge für S21 zugesagt worden. Diese wie auch andere höhere Leistungszusagen zu S21 wurden sämtlich methodisch fehlerhaft ermittelt und sind ohnehin unverbindlich formuliert – es bleibt dabei: Stuttgart 21 wurde von Anfang an auf lediglich 32 Züge in der Spitzenstunde ausgelegt. Dadurch ist Stuttgart 21 ein genehmigungspflichtiger Rückbau der Bahninfrastruktur, die Planrechtfertigung ist entfallen.
„Sämtliche Versprechungen eines Leistungszuwachses durch Stuttgart 21 haben sich pulverisiert, sie halten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand“, stellt der Autor der Studie, Dr. Christoph Engelhardt, Initiator von WikiReal.org und Experte für das Aktionsbündnis fest. „Die Zahl der 32 Züge als Grundlage der Dimensionierung von Stuttgart 21 wurde systematisch aus den Dokumenten herausgehalten. Dadurch wurde der Rückbau verschleiert, die Öffentlichkeit wurde getäuscht.“
Diese Erkenntnisse sind auch juristisch relevant: Sie begründen neben anderen Argumenten den aktuellen Eilantrag vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die Enteignung eines Anwohners und den Abriss seines Hauses. Ein solch gravierender Eingriff in die Eigentumsrechte ist nicht zu rechtfertigen für einen Bahnhof, der weniger leistet als der bestehende. Das Verfahren wird nötigenfalls vom Bundesverfassungsgericht entschieden.
Untersucht wurden die Gutachten (inkl. Anhänge), die Eingang fanden in den Planfeststellungsbeschluss von 2005 und den VGH-Entscheid von 2006. Dabei kam die Dimensionierung von Stuttgart 21 zu Tage: Das maßgebliche „Szenario A“ von 1997 gibt lediglich eine Spitzenleistung von 32 Zügen in der Stunde vor. Dies ist eine klare Bestätigung des Vergleichs mit anderen deutschen Großbahnhöfen durch Engelhardt vom Frühjahr 2011. In diesem Vergleich hatte er erstmals die plausible Kapazität von Stuttgart 21 mit 32 Zügen in der Stunde öffentlich benannt. Dieser Wert ergab sich auch im November 2011, als Engelhardt die methodischen Fehler des Stresstests analysierte.
Der Auslegungswert von 32 Zügen pro Stunde wird auch in den jüngst bekannt gewordenen Personenstromanalysen von 1997, 2009 und 2012 bestätigt: Für die „Dimensionierung der verkehrlichen Anlagen“ (d.h. die Auslegung der Treppen und Zugänge im Bahnhof) und für die „Leistungsfähigkeitsbetrachtung“ wird jeweils diese Zugzahl zugrunde gelegt.
Die höheren Leistungswerte zu S21 sind ausgesprochen inkonsistent. Die von den Projektbetreibern genannten 39, 44, 49, 51, 60 oder sogar rund 70 Züge pro Stunde sind unbelegt oder durch methodische Mängel überhöht. Fehler in den Haltezeiten und Betriebsprogrammen machen die auf dem Papier erzielten Ergebnisse in der Realität unerreichbar. Darüber hinaus bieten die hohen Versprechungen durch unverbindliche Formulierungen keine tatsächlich einklagbare Leistungsgarantie (s. Anh.).
Im Gegensatz dazu liegen sowohl die Werte sämtlicher Plausibilitätsabschätzungen (etwa auch die Auslegungskapazität des gleichgroßen neuen Wiener Hauptbahnhofs) als auch die fehlerbereinigten Ergebnisse einzelner Simulationen exakt auf dem Niveau der 32 Züge der Auslegung von S21.
An Ministerpräsident Kretschmann richtet Engelhardt einen Aufruf: „Wenden Sie Schaden vom Land ab, steigen Sie aus dem Finanzierungsvertrag aus! Verhindern Sie, dass Steuergelder in Milliardenhöhe vergeudet werden.“ Seiner Physiker-Kollegin Bundeskanzlerin Merkel gibt er zu bedenken: „Frau Merkel, lassen Sie nicht zu, dass vermeintliche Investitionssicherheit durch den milliardenteuren Rückbau der Bahninfrastruktur demonstriert wird. Setzen Sie ein Zeichen für verantwortungsvolle und lernfähige Politik und stoppen Sie das Projekt S21. Das Ansehen Deutschlands und seiner weltweit geschätzten Ingenieurskunst könnten sonst erheblich leiden.“