Protest beim CDU Bundesparteitag in Karlsruhe am 15.11.2010

Gemeinsam mit campact haben wir zu einer Aktion im Rahmen des Bundesparteitages der CDU aufgerufen, die trotz der gewissen Entfernung zur Veranstaltungshalle (eine Bundesstraße lag dazwischen) ihre Wirkung und Beachtung nicht verfehlte. Im Rahmen der Veranstaltung hielt Michael im Namen unseres Aktionsbündnisses „Baden unterstützt: Oben bleiben! Kein Stuttgart 21!“ eine Rede, die weiter unten auch nachzulesen ist.

Hier gibt es alles rund um die Aktion:

Und hier die von Michael Kaufmann gehaltene Rede:

Sehr geehrte Frau Merkel, sehr geehrte CDU Abgeordnete, liebe Demonstranten, liebe Befürworterinnen und Befürworter des Stuttgarter Kopfbahnhofes!

Heute versammeln sich hier in Karlsruhe alle Größen der Christlichen Demokratischen Union Deutschlands. Sie treffen sich um über die eigene Partei und die eigene Politik in Deutschland und Europa zu diskutieren.

Das ist nach unserer Meinung auch dringend notwendig, denn christlich und demokratisch ist die Politik dieser Partei leider nicht mehr. Wir in Baden-Württemberg denken da natürlich zu allererst an das demokratisch so gut legitimierte Projekt Stuttgart 21 mitsamt der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen. Hier fragen wir uns mehr als deutlich: „Warum ist dieser Bau, dieser Wahnsinn nicht schon längst gestoppt?“. Denn dafür gibt es viele Gründe, die die CDU selbst in ihrem Parteinamen trägt.

Das Attribut „ christlich“ hat doch etwas mit fair, gerecht, Menschen- und umweltfreundlich, verantwortungsbewusst zu tun!

All dies ist Stuttgart 21 NICHT.

Es ist nicht fair und gerecht, da es bei einem viel zu hohen Preis, wenn überhaupt einen mäßigen Nutzen hat, wie die Neuberechnung der Wirtschaftlichkeit des Verkehrsministeriums deutlich zeigt. Alle darin aufgeführten Projekte sind preiswerter und meist haben sie den größeren Nutzen, sind wirtschaftlich! Es ist fair und gerecht die günstigeren Projekte mit größerem Nutzen jetzt zu realisieren.

Ganz davon abgesehen wird das sowieso nicht vorhandene Geld, dringend woanders benötigt. Wir aus Baden wollen u.a. die Forcierung der Rheintalstrecke. Herr Herrenknecht darf gerne vor seiner Haustür Tunnels bohren.

Menschenfreundlich ist Stuttgart 21 spätestens seit dem 30. September nicht mehr. Hier wurden mit völlig überzogenen Polizeimaßnahmen bewusst friedlich demonstrierende Bürger dieses Landes menschenunwürdigst misshandelt und verletzt, mit Wasserwerfern blind geschossen, nur um dieses irrsinnige Projekt zu ermöglichen. Die Verantwortlichen sind immer noch im Amt und Würde. Sie haben sich noch nicht einmal entschuldigt!

Von umweltfreundlich kann auch keine Rede sein, wenn man die höchstwahrscheinlich illegalen Baumfällungen in jener Nacht anschaut. Hier wurde der Umwelt- und Artenschutz grob missachtet.

Und statt nun endlich verantwortungsbewusst zu handeln und die Ergebnisse der mühsam zustande gekommenen Schlichtung ergebnisoffen abzuwarten, halten Sie alle, besonders aber die Herren Mappus und Schuster sowie sie, Frau Merkel und Frau Gönner, an diesem Wahnsinn fest, unterstützen weiterhin die Politik der Tatsachen und haben schon jetzt für sich beschlossen das ganze einfach weiter zubauen.

Verantwortung übernehmen sieht wahrlich anders aus, nehmen Sie sich ein Vorbild an ihrem Parteimitglied Heiner Geißler. Wie sagt Herr Sittler: „Politiker sind nicht die Herren, sondern die Diener ihrer Wähler.“

Und nun noch das Attribut “demokratisch“: Es ist nicht mehr zu übersehen, dass eine gehörige Anzahl von Menschen mit Ihrer Auffassung von Demokratie – Frau Merkel- nicht mehr einverstanden sind. Dafür gehen wir auf die Straße, immer und immer wieder. Mit Zehntausenden Gleichgesinnten mit Bürgern dieses Staates. Zu einer Demokratie gehören selbstverständlich die Parlamente und ihre Entscheidungen. Aber SIE die Volksvertreter haben die verdammte Pflicht, auf den Willen des Volkes zu hören. Nicht nur auf den Willen der Lobbyisten.

Denken Sie bitte daran, Frau Merkel: Hundertausende gingen auf die Straße und haben Großartiges erreicht. Das ist 20 Jahre her. Wo wären Sie denn heute eigentlich? Eine Demokratie muss leben, d.h. sich auch an veränderte Situationen und Meinungen anpassen können. Stuttgart 21 ist aus dem letzten Jahrhundert, wo man das Geld noch zum Fenster rausgeworfen hat. Heute gilt es zu konsolidieren, und da haben unnötige Großprojekte keinen Platz mehr. Da muss man Entscheidungen überdenken können und Sinnvolles vielleicht weniger prestigeträchtiges realisieren. Bei steigenden Kosten und sinkendem Nutzen ist die Geschäftsgrundlage von Stuttgart 21 verloren gegangen. Also muss neu entschieden werden.

Die Bürger dieses Landes wollen in die Demokratie mehr eingebunden werden. Sie wollen die Demokratie leben. Und deshalb müssen Volksentscheide möglich werden. Auch das ist Demokratie. Sorgen Sie dafür, dass das Volk über dieses Projekt und die Alternative Kopfbahnhof 21 abstimmen darf. Ohne vorab weitere Tatsachen zu schaffen.

Beherzigen Sie unsere einzige mögliche Konsequenz:

Stoppen Sie diesen Irrsinn!

Lassen Sie das Volk entscheiden, im Notfall bei der Landtagswahl, wie Sie Frau Merkel, es rausposaunt haben. Aber auch nur mit Baustopp bis zur Landtagswahl!

Übernehmen Sie endlich Verantwortung für den 30. September 2010, der diese unsere Republik verändern wird.

Auch wenn Sie es nicht glauben wollen, wir werden diesen Wahnsinn friedlich zu verhindern wissen!

Wir, die Bürger dieses Landes, vergessen nichts.

Oben bleiben!